Dienstag, 7. Juni 2011

Sonntag, 7. März 2010

Donnerstag, 3. Januar 2008

GESELL - der Tauschtheoretiker, Aufdecker der eigenen Widersprüche



Eine Vorbemerkung


Silvio GESELL (1862-1930), Begründer der Freiwirtschaftslehre,  beginnt seine ökonomischen Studien mit einer ihm eigenen Zinstheorie, die rasch plausibel ist, letztlich aber doch nicht konsistent erklären kann, woher das Geld für die mit dem Zins einhergehende Geldakkumulation kommt. Bald jedoch kristallisiert sich in GESELLs Arbeiten die Rolle des Kredits heraus. Als Konkurrent des Geldes, wie GESELL sagt, als etwas, das neben dem Geld wirkt und nicht einfach sich als das Verleihen von vorhandenem Geld darstellt.  Damit aber wird in seinen Darstellungen schemenhaft das Bild einer ganz bestimmten Form der Ökonomie erkennbar: Die Warenproduktion in kapitalistischen Unternehmen, die der Geldvorschüsse bedürfen – im Gegensatz zur Produktion in (bäuerlichen) Selbstversorger-Haushalten, die lediglich ihre Überschüsse auf regionalen Märkten tauschen.  Daraus entwickelt sich letztlich in GESELLs Arbeiten die Kritik an der damals sich herausformenden heutigen Kredit- und Geldschöpfung – und damit die Kritik an einer Geldordnung, in der Geld durch Verschuldung entsteht und durch Entschuldung wieder verschwindet. Eine Geldordnung, die sich heute immer mehr als dysfunktional herausstellt, weil die das Geld ausgebende Stelle eben nicht jene optimale Geldmenge bereitstellen kann, bei derdas Geldangebot regelmäßig, zu allen Zeiten und allen Umständen so bemessen sei, dass Hausse- und Baisseperioden vermieden werden”.  Im Gegenteil: Weil Geld aus Verschuldung entsteht, wird durch Einbremsung der Verschuldungsentwicklung auch die Entwicklung der Geldmenge eingebremst, gewissermaßen Geld wegrationalisiert, so dass einer wachsenden Warenmenge eine weniger wachsende Geldmenge in der Realwirtschaft gegenübersteht.


Die Abermilliarden an Zinsgeldern, die von der Mehrheit der Menschen der ganzen Welt - den Armen - zu leisten sind, werden von einer Minderheit - den Reichen - als arbeitslose Einkommen kassiert: Diese nun nahezu allgemeine Erkenntnis ist so neu nicht.  Sie verbindet sich mit dem Namen SILVIO GESELL seit mehr als 100 Jahre. Es ist die stets rasch überzeugende Meinung, dass für einen Gutteil unserer wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Zinseszins verantwortlich ist. Sehr augenfällige Beispiele über die Vermögensentwicklung und Vermögensverteilung werden dabei aufgezeigt. Und als Grund für diese Übel wird dann unser derzeitiges Geld angeführt, das im Gegensatz zu den verschiedenen Waren unverderblich, kostenlos lagerbar, keiner sich verändernden Mode unterworfen und so hortbar ist. Und aus dieser Überlegenheit des Geldes den Waren gegenüber den Zins erpressen kann. Daraus ergibt sich dann die weithin bekannte  Forderung nach einem umlaufgesicherten Geld, einem ”rostendem Geld” als Quintessenz der Gesell’schen Lehre. Die Überlegenheit des Geldes wäre damit beseitigt, Geld kein Störfaktor mehr – und damit beständiger Gleichlauf der Wirtschaft gesichert. 

Als das  Musterbeispiel für dieses ‚neue Geld‘ wird immer wieder das ‘Wörgler Experiment’ angeführt.

Mit diesen Vorstellungen wird man jedoch dem, was GESELL ein ganzes Leben lang an- und durchgedacht hat, bei weitem nicht gerecht. Denn GESELL macht durchaus einen persönlichen Erkenntnisprozess durch, wie sich bei einer Aufarbeitung seiner Schriften zeigen lässt. Dieser Prozess, der in seinen Arbeiten nachvollziehbar ist, wird hier anhand von chronologisch geordneten Auszügen aus seinen Arbeiten herausgearbeitet. Ersichtlich wird dabei, dass GESELLs gemeinhin bekannten Idee als durchgehende ‘rote Linie’ bis zuletzt immer wieder zum Ausdruck kommt, allerdings stark durchsetzt von ganz neuen Gedanken.
”Thatsache ist nur, dass ich nach dem System verfuhr, zunächst selbst mir die Theorie zu den bekannten Thatsachen zu suchen, die gewonnenen Anschauungen in allen Theilen zu prüfen.” [1897 (1)] Sehr früh beschreibt er sich so selbst. Er setzt diesen Vorsatz jedoch nicht konsequent um. Er prüft zwar, aber verwirft nichts. Vielmehr versucht er, bereits sehr früh auftauchende Widersprüche  in seiner Grundthese einer Tauschwirtschaft aufzulösen, zu assimilieren, um so seine ursprünglichen, letztlich sehr einfachen Lösungsvorschläge beibehalten zu können. Insofern sind seine Aussagen nicht eindeutig, stellt sich sein Werk als eine Gedankenansammlung dar, in der all das aufgezeichnet ist, was GESELL in einem um das gleiche Zentrum kreisenden Denkprozess aufdeckt. Er beginnt aber nirgends, seine Gedankengänge neu aufzuarbeiten. So zeigen seine späteren Arbeiten bei weitgehender Wiederholung des bereits früher Geschriebenen, wie  da und dort und immer häufiger eben solche Widersprüche aufbrechen, die es nun zu bereinigen gilt. Dieses Bereinigen gelingt aber oftmals nicht, so dass  sich in die ursprünglichen Theorie und in dieser versteckt, eine neue, eine andere sich einschleicht, ebenso wie manchmal auch eine Bemühung, die Wirklichkeit seiner ursprünglichen Theorie anzupassen. Das letzteres  zu weiteren Widersprüchen mit der Wirklichkeit führen muss, ist zwar bedauerlich, aber menschlich verständlich.

Ziel dieser Arbeit ist deshalb nicht, auf diese Abweichungen und Widersprüche mit Fingern hinzuzeigen. Das sei hier ganz deutlich betont. Es geht vielmehr darum zu erkennen, dass SILVIO GESELL wesentlich mehr ‘ent’deckt hat, gesehen hat, erkannt hat, als von den Vertretern seiner Lehren je wahrgenommen wurde bzw. bis heute wahrgenommen wird. Dass GESELL Vorschläge zur Geldpolitik entwickelt hat, die KEYNES um 30 Jahre vorweg nehmen. Etliche seiner Einsichten sind selbst für ihn derart neu, dass sie ihm selbst verborgen bleiben. Etwa die Bedeutung des Faktors ‘Zeit’. Im Gegensatz zur noch immer vorherrschenden statischen Theorie der Neoklassik hätten sie damals schon die  Grundlage einer dynamischen Theorie der  ‘Marktwirtschaft’  - die besser ‘Kreditwirtschaft’ oder ‘Investitionswirtschaft’ heißen sollte - sein können.
Aufgabe von GESELLs Anhänger ist es deshalb, das aufzuarbeiten, was er hinterlassen hat. Dies aber hat mit kritischem Sachverstand und nicht mit gläubiger Bewunderung zu erfolgen. 

Dass das, was die Freiwirtschaft heute anbietet, vielen drängenden Fragen der Gegenwart und Zukunft nicht gerecht wird, ist auch auf Tagungen, wo über GESELLs Lehren referiert wird, deutlich spürbar. Die anfängliche Plausibilität des vorgetragenen Konzepts kann dabei nicht durchgehalten werden, wenn die komplexe Wirklichkeit als Prüfstein herangezogen wird.
Mit dieser Arbeit wird versucht, mit einer Neu-Interpretation  der Arbeiten SILVIO GESELLs zu  beginnen. Dabei sei einbekannt, dass auch der Interpret einen ständigen Lernprozess durchmacht, was dann auch auf Einleitung und Schlussfolgerungen Rückwirkungen hat. Sie werden möglicherweise noch öfter umgeschrieben.



Die Zinstheorie

Es sind fremde und auch eigene ‘Vor-Urteile’, zeitlich vorausliegende, wahrscheinlich sehr spontane ‘Gedankenblitze’, die er nicht mehr beiseite räumen kann. Zu den fremden Vorurteilen zählt wohl die damals wie heute allgemein verbreitete Beschreibung unserer Gesellschaft als Tauschgesellschaft und unserer Wirtschaft als Tauschwirtschaft. Es ist das Tauschen, das demnach eine arbeitsteilige Gesellschaft konstituiert. So ist es eigentlich nur der Tauschhandel, von dem GESELL immer wieder spricht. Und es ist die Beschreibung des Geldes als Tauschmittel. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht so der ‘Markt’, der freie Markt, auf dem sich von selbst alles zum besten durch das Spiel von Angebot und Nachfrage regelt. Seit ADAM SMITH das Credo der Marktwirtschaftler.

Auch GESELL nennt als obersten Preisrichter das (‘natürliche’) Gesetz von Angebot und Nachfrage. [1897 (3)] Seine Entdeckung ist nun, dass hier unser heutiges Geld als Störfaktor auftritt, der den ‘natürlichen’ Ausgleich von Angebot und Nachfrage verhindern kann. [1897 (2) (6)] Diese Störungsmöglichkeit soll nun durch die Einführung eines ‘rostenden Geldes’ - im Gegensatz zum beständigen Goldgeld dieser Zeit - beseitigt werden. Damit würde die ‘natürliche’ Wirtschaftsordnung so wie vor Einführung des Geldes wieder hergestellt. Der Zins als Tribut an das den Waren überlegene Geld würde so beseitigt und der volle Arbeitsertrag den Arbeitern zufließen.
Dazu allerdings ist nach GESELL auch noch eine Bodenreform notwendig.
Diese ersten Ideen scheinen nun aber eher aus einem spontanen Einfall denn aus einer tiefergreifenden Aufarbeitung entstanden zu sein. Vielleicht haben sie den Kaufmann Gesell überhaupt erst dazu gebracht, sich mit diesen Dingen theoretisch zu beschäftigen. So ist sein Erstwerk aus 1891 ‘Die Reformation im Münzwesen’ mehr eine Allegorie, welche die vorhandene und zukünftige Welt zeichnet, denn eine Analyse des Istzustandes. Seine tiefergehende kaufmännische Erfahrung, die ihm seinen eigenen Worten zufolge als Fundus für eine unabhängige Betrachtung dient, kommt erst später zum tragen. Und dann erst entdeckt er auch die Unstimmigkeiten seiner Argumentation.
Vorerst beschäftigt er sich nur mit dem augenscheinlichen Tausch Ware gegen Geld und der seiner Meinung nach bestehenden Disparität zwischen beiden. Dabei setzt er die Möglichkeit der Produktion der auszutauschenden Güter bedingungslos voraus: Die Waren werden und können einfach produziert werden. Und sie werden von den Haushalten produziert, denn nur diese können gleichzeitig Produzenten und Konsumenten sein.
In einem Beispiel wird das kurz und bündig beschrieben: ”Nehmen wir an, Müller und Schmied, durch Raum und Zeit getrennt, wollen ihre Erzeugnisse, Mehl und Nägel, austauschen und brauchen zu dem Zweck das Geld, das Meyer verfügbar hat. Meyer kann den Tausch, wenn er will, vermitteln, er kann den Tausch aber auch verzögern, unterbinden, einfach verbieten, denn sein Geld lässt ihm die Freiheit, den Zeitpunkt für die Vermittlung des Tausches auszuwählen. Ist es da nicht selbstverständlich, dass Meyer sich diese Macht bezahlen lässt und dass Müller und Schmied in einen Abzug an ihre Forderungen für Mehl und Nägel einwilligen müssen? ... Verweigern sie dem Geld ihre Abgabe, so zieht sich das Geld einfach vom Markt zurück, und Müller und Schmied müssen unverrichteter Sache ihre Habe mit schweren Unkosten wieder nachhause bringen.... .
Wir können also sagen: Unser heutiges Geld vermittelt der Regel nach (also kaufmännisch) den Austausch der Waren nur unter der Bedingung eines Tributes. Ist der Markt die Straße, auf der die Waren ausgetauscht werden, so ist das Geld der Schlagbaum, der nur nach Zahlung des Wegegeldes gehoben wird. Das Wegegeld, der Profit, der Zins oder wie man es nennen mag, ist die allgemeine Voraussetzung” [1911 (5)]
Mit diesen leicht einsehbaren, ihn selbst so begeisternden Ideen [1897 (2)] prägt er nun sein eigenes Vorurteil, dem er nicht mehr zu entrinnen vermag. Dazu mag kommen, dass er mit diesen plausiblen Ideen alsbald auch eine ihn verehrende Anhängerschaft gefunden hat, er sich dieser auch verpflichtet fühlt und diese später auch nicht enttäuschen will - und darum auch nicht mehr zu ‘ent’-täuschen vermag. Er verbessert zwar seine Arbeiten immer wieder, beginnt aber nie mehr, seine Gedanken neu aufzuarbeiten, Spreu vom Weizen zu trennen.


Unstimmigkeit 1: Der fehlende Faktor ,Zeit`


GESELLs Erstwerk datiert aus dem Jahre 1891. Mit einer genaueren Analyse des Istzustandes aber beginnt er erst 1904. Dort hält er aber auch schon fest, dass Geld nicht (nur) zum Tausch Ware gegen Ware genutzt wird, zwischen beide Waren sich als Tauschmedium schiebt, sondern Geld als Vorschuss Verwendung findet und in Unternehmen gesteckt wird: ”Der Kaufmann muss also den Geldbetrag der Waren vorschießen, denn zwischen Kauf und Verkauf liegt Zeit.” [1904 (2)] Damit im Zusammenhang wird auch der Faktor ‘Zeit’ erwähnt, aber dennoch nicht beachtet. Eine erste Unstimmigkeit in seiner Theorie lässt sich damit ausmachen. Denn der Tausch Ware gegen Geld bzw. Geld gegen Ware, von dem er ausgeht, braucht die Zeit nicht, wie er später dann auch erkennt.
Die Einsicht, dass es Zinszahlungen jedoch nur dort gibt, wo es Schulden während einer Zeit gibt, ist zwar banal, aber dennoch nicht offensichtlich. Zinszahlung ist ja gleich Zinssatz mal Zeit mal Schuldensumme.
GESELL kommt hier nun, wo er den Geldvorschuss dingfest macht, bereits zu einer neuen Theorie. GESELLs Grundthese ist ja, dass der Geldeigentümer Geld nicht vorschießt – und für diesen Vorschuss Zinsen kassiert -, sondern Geld gegen Waren tauscht und dabei den Tribut kassiert, der sich aus der Überlegenheit des Geldes ableitet. In obigem Beispiel von Müller und Schmied wird dies deutlich erkennbar. Sie brauchen keinen Geldvorschuss, um überhaupt produzieren zu können. Geld wird nur zum Tausch benötigt. Der in der täglichen Wirklichkeit feststellbare Geldvorschuss und die dafür anfallenden Zinszahlungen machen ihm deshalb zu schaffen. Und er äußert sich diesbezüglich – wenngleich sehr spät - in ”die Vervollständigung der Freigeld-, Zins- oder Kapitaltheorie”, ohne jedoch Klarheit zu schaffen, wie aus folgende Sätzen hervorgeht:
”Der Urzins war kein Darlehenszins; der Tausch des Geldes gegen Ware und der hierbei erhobene Tribut hatte absolut nichts gemein mit einem Darlehen. Der Urzins wurde darum auch nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Der Produzent gab im Tausch für das Geld seine Ware her. Es war ein Tauschgeschäft, und der Urzins wurde dabei erhoben, weil der Geldinhaber den Tausch gestatten und untersagen konnte.....
Beim Zins der Realkapitalien dagegen handelt es sich nicht um einen Tausch, sondern um ein Darlehen.......Der Fabrikant verleiht die Fabrik an die Arbeiter; der Bankier verleiht das Geld an den Schuldner - aber der Kaufmann, der den Zins von den Waren erhebt, verleiht nichts, er tauscht. ..... Und eigentlich müsste man ganz davon abgehen, diese beiden so verschiedenen Dinge mit dem gleichen Wort Zins zu bezeichnen........
Hier in der Unterscheidung zwischen Urzins und Darlehenszins fließt alles, was wir über den Urzins bisher gesagt haben, wie in einem Brennpunkt zusammen. Hier tritt seine Natur klar zutage. Man hat den Urzins nicht gesehen, weil er sich hinter dem gemeinen Darlehenszins (seiner Kreatur) versteckte. Wenn der Kaufmann Geld borgt und den Zins, den er dafür bezahlt, auf die Warenpreise schlägt, so ist das, wie man bisher annahm, ein Darlehenszins. Der Kaufmann schießt das Geld der Ware vor, er macht ihr ein Darlehen und die Warenproduzenten zahlen den Zins dieses Darlehens. So erklärte man die Sache. Man braucht übrigens kein oberflächlicher Denker zu sein, um an diesen Trugschluss achtlos vorbeizugehen. Der Schein ist wirklich hier sehr trügerisch. Man muss schon recht genau zusehen, um zu beobachten, dass der Zins, den der Kaufmann für das geliehene Geld zahlt, nicht Ausgangspunkt, sondern Endpunkt der ganzen Handlung ist. Der Kaufmann erhebt mit dem Geld den Urzins von den Waren und liefert, da das Geld ihm nicht gehört, den Urzins an den Geldgeber ab.... Wäre es sein eigenes Geld gewesen, so hätte er genau so den Urzins erhoben. Und dann, wo wäre das Darlehen gewesen? Beim Darlehen ist doch Leistung und Gegenleistung zeitlich getrennt. Der Darlehenszins richtet sich doch ganz nach der Zeitspanne, die zwischen Leistung und Gegenleistung liegt. Aber beim Tausch des Geldes gegen Ware, wo der Urzins erhoben wird, fallen Leistung und Gegenleistung vollkommen zusammen. Das Darlehensgeschäft hinterlässt Gläubiger und Schuldner; das Tauschgeschäft lässt nichts zurück, das Geschäft ist restlos erledigt. ......
Der Urzins hat also keinerlei Verwandtschaft mit dem Darlehenszins. Der Urzins ist wie gesagt, ein Tribut, eine Steuer, ein Raub, nur nicht die Gegenleistung eines Darlehens......Der Kaufmann ist bereit, für ein Darlehen Zins zu zahlen, weil er weiß, dass er sich dafür an den Waren erholen kann. Kommt der Urzins in Wegfall, verliert das Geld die Fähigkeit, Urzins zu erheben, so wird der Kaufmann auch keinen Zins für Gelddarlehen anbieten können zwecks Ankauf von Waren.” [1916 (23)]
Am Ende seiner Grundlagenarbeiten in der ”Natürlichen Wirtschaftsordnung” muss also GESELL erkennen, dass seine Herleitung des Zinses eine schwerwiegende Unstimmigkeit aufweist: Sein Urzins ist keine von der Zeit abhängige Zinszahlung, wie wir sie in der täglichen Wirklichkeit erfahren, sondern eine einmalige Gebühr. Diesen Urzins hat aber auch noch niemand dingfest gemacht, noch niemand erkannt, ”weil er sich hinter dem Darlehenszins (seiner Kreatur) versteckt(e)”. Wie sich jedoch der Darlehenszins aus dem Urzins herleitet, erklärt GESELL nicht. Und ebenso wenig, wie sich rechnerisch eine Einmalzahlung in Form eines Tributes mit einer von der Zeitdauer abhängigen Zahlung zusammenführen lässt. 

Unstimmigkeit 2: Der als Kaufmann auftretende Geldbesitzer

Eine zweite Unstimmigkeit versucht GESELL erst viel später auszumerzen. Mit dem Tausch Ware gegen Geld mutiert ja der vorher benachteiligte Warenbesitzer zum privilegierten Geldbesitzer, der nun seinerseits den Vorteil des Geldes für sich nutzen kann. Es wird ja auch hier, wie ”bei der Geldverleihung nur der Besitzer des Geldes gewechselt, ohne dass dadurch irgend etwas am Geld geändert wird. Statt des Mannes ist es die Frau, die den Schlagbaum fallen lässt.” [1911 (17)] Insofern würde damit die Tributzahlung zum Nullsummenspiel: Zuerst geben, dann nehmen. Diese logische Schlussfolgerung lässt aber GESELL nicht gelten und erwähnt sie so auch nicht aus. Er muss sie aber im Kopfe gehabt haben, wenn er festhält: ”Der Verbraucher, von persönlichen Bedürfnissen getrieben, kann nicht warten, obschon sein Geld es ihm erlauben würde; der Warenerzeuger kann auch nicht warten, obschon seine persönlichen Bedürfnisse es ihm in manchen Fällen wohl gestatten würden; aber der als Kaufmann auftretende Geldbesitzer, der Eigentümer des allgemeinen, unentbehrlichen Tauschmittels, der kann warten, der kann Warenerzeuger und – verbraucher regelmäßig dadurch in Verlegenheit bringen, dass er mit dem Tauschmittel (Geld) zurückhält.
Aus Rücksicht auf diesen letzten Umstand können wir das Geld der Verbraucher überhaupt ganz aus unseren Betrachtungen ausschalten. Durch die Hände des Kaufmanns gehen alle Waren und geht alles Geld. [i] Darum sind die Gesetze des kaufmännischen Geldumlaufes hier allein maßgebend” [1920 (14)]
GESELLs Theorie funktioniert somit nur unter Voraussetzung, dass
1. der als Kaufmann auftretende Geldbesitzer, der Eigentümer des allgemeinen, unentbehrlichen Tauschmittels, der warten kann, sich zwischen die einzelnen Produzenten in ihrer Funktion als Konsumenten schiebt. Treten nur die Produzenten als Konsumenten ohne kaufmännische Vermittlung auf, ist erstens unklar, wie überhaupt das Geld ins Spiel kommt, und treten zweitens doch nur Warenbesitzer gegeneinander an;
2. Produzenten wie Konsumenten nicht warten können. In dieser Sichtweise aber können auch die Konsumenten, von persönlichen Bedürfnissen getrieben, kein Geld horten. Womit sich eine Geldhortung allein auf die Kaufleute beschränkt. Damit aber konstituiert GESELL, dass die Problematik nicht am Geld selbst liegt, sondern an den Geldbesitzern. Damit aber widerspricht er seiner eigenen Theorie der Überlegenheit des Geldes über die Waren.
Unstimmigkeit 3: Die Warenbesitzer können keinen Geldzins zahlen
Eine dritte Unstimmigkeit ist darin auszumachen, dass in GESELLs Theorie der Warenbesitzer gar keine Zinszahlungen in Geld leisten kann, da er ja nur Waren besitzt, die er erst gegen das Geld des Kaufmanns tauschen muss. Die Warenbesitzer mögen vom Geldbesitzer zuwenig Geld für ihre Produkte bekommen. Aber ebenso können sie dann ihrerseits dem Kaufmann, der allein ”Eigentümer des allgemeinen, unentbehrlichen Tauschmittels” ist, wiederum nur um dieses Geld die Waren, die nun in seinem Besitz sind, abkaufen. Mag sein, dass er ihnen nun dafür nicht jeweils das ganze Produkt des anderen verkauft, sondern etwas für sich behält. Aber Zinsen in Geld können die Warenbesitzer so nicht leisten.
GESELL dürfte dies auch anhand des Beipiels von Müller und Schmied (s.o.) erkannt haben. Und stellt es indirekt auch fest. 1911 vorerst nur kurz angemerkt, wird er 1916 ganz deutlich: ”Der genannte Tribut lässt sich jedoch nur durch den Verkauf der Waren erheben und dazu ist die Erfüllung einer Bedingung erforderlich: in der Zeit, die zwischen Kauf und Verkauf liegt, darf der Preis der betreffenden Ware nicht sinken. Der Verkaufspreis muss über den Einkaufspreis stehen, denn im Unterschied beider steckt der Tribut:” [1916 (6)]
Dieser Tribut kann vom Kaufmann als einfacher Kassenbote des Geldbesitzers also nur dann geleistet werden, wenn der Verkaufspreis über den Einkaufspreis liegt. Damit aber stellt sich die Tätigkeit des Kaufmannes nicht mehr als Tausch dar, sondern als Investition, eben als Geldvorschuss. Denn zwischen Einkauf und Verkauf liegt Zeit. Die Zirkulation des Geldes erfolgt damit nach der Formel G.W.G’, so wie es KARL MARX formuliert hat, - die Formel der Investitionswirtschaft - , auf die sich später auch GESELL immer wieder beruft: ”Eine Ware, die mit Urzins belastet werden soll, muss diese Last natürlich tragen können, d.h,, sie muss solche Marktverhältnisse vorfinden, die ihr gestatten, den Einstandspreis zuzüglich Urzins im Verkaufspreis einzulösen. Die Marktverhältnisse müssen also derartige sein, dass das Geld nach der Formel G.W.G.’ umlaufen kann.” [1911 (20)]
Unübersehbar ist hier der Widerspruch zur Formel WA. G. WB, - die Formel des Tauschhandels, wie sie GESELL indirekt im Text immer wieder formuliert, aber auch in einer Skizze darstellt. [1911(16)] Und er beginnt damit, eine neue, zweite Theorie zu entwerfen. Wie wenig er sich dessen aber bewusst ist, zeigt das Hin- und Herpendeln zwischen zwei unterschiedlichen Argumentationssträngen, was zwangsläufig zu weiteren Widersprüchen und Ungereimtheiten führt.
Unstimmigkeit 4: Verlangt der Zins eine Nachfrage größer oder kleiner als das Angebot?
Von der Einsicht ausgehend, dass der Verkaufspreis über den Einkaufspreis liegen muss, gerät GESELL in einen Totalwiderspruch, den zu überwinden er sich gleichfalls bemüht.
Während er nämlich immer wieder hervorhebt, dass das Angebot an Waren unentwegt und unaufhaltsam auf den Markt strömt, weil eben die Waren verderblich sind und Lagerkosten beanspruchen, gilt dies eben für das Geld nicht. ”Die Frage ist einfach und klar gestellt: Ist es möglich, dass es jemals zu einem dauernden Ausgleich zwischen Nachfrage und Angebot kommen kann, wenn das Angebot, dem Drucke natürlicher Verhältnisse nachgebend, ununterbrochen auf den Markt erscheint, die Nachfrage aber, von jenem natürlichem Zwange durch materielle Eigenschaften unseres Geldes befreit, nur die Laune, die Gewinnsucht, die Conjunktur oder wie man es nennen mag, zur Gebieterin hat und den Markt nur unter der Bedingung des Gewinnes betritt?” [1897 (6)]
Das Geld kann also warten, die Nachfrage also verkleinern, und so den Ausgleich zwischen dem Warenangebot und der Geldnachfrage stets stören. Denn ein Angebot an Waren größer als die Nachfrage in Geld führt erst zur Möglichkeit der Erpressung des Zinstributes.
Nun aber muss GESELL darstellen, wie denn der Verkaufspreis höher sein kann als der Einkaufspreis. Und nachdem auch bei ihm die Preise durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden, ist ein Verkaufspreis höher als der Einkaufspreis nur dann möglich, wenn das Angebot an Waren kleiner ist als die Nachfrage in Geld.
Diese hierfür erforderlichen Marktverhältnisse werden – nach Gesell - dabei durch unser heutiges Geld geschaffen, indem es die Bildung von weiterem Realkapital verhindern kann, so dass das Angebot von diesem immer unter der Nachfrage darnach bleibt. ”Ich sage also kurz, bündig und unzweideutig, ... dass die zinstragende Kraft der heutigen Realkapitalien ... aus der künstlich durch das Geld vorbereiteten Marktlage entspringt, nämlich der erzwungenen, ständigen Unterproduktion an Realkapitalien, die einherläuft mit einer ebenso ständigen Überproduktion an Waren.” [1911 (13)]
Mit dieser Unterproduktion an Realkapital und Überproduktion an Waren versucht GESELL diesem Widerspruch nun zu entkommen. Er übersieht dabei aber, dass er mit der Einführung des Realkapitals auch eine neue Handlungsfigur in seine Theorie einfügt: Den Unternehmer. – Oder richtiger: das Unternehmen, - das mit Hilfe von Realkapitalien[ii] und Arbeit produziert. So stellt sich nun aber auch die Frage: Wie aber soll eine Überproduktion an Waren bei einer Unterproduktion von Realkapitalien möglich sein? Voraussetzung für die Erzeugung von Waren sind ja die Fabriken, Maschinen, Kraftwerke, Verkehrseinrichtungen. So sagt ja GESELL bereits 1904: ”Wie das Geld die Warenerzeugung den für die Erhebung des Zinses nötigen Absatzverhältnissen anpasst bzw. beschränkt, so beschränkt auch das Geld die Konkurrenz der Unternehmer den Arbeitern gegenüber so weit wie nötig, um den Zins des Unternehmens von den Produkten der Arbeiter abziehen zu können. ..... [1904 (1)] Die Amortisation und der Zins der Realkapitalien muss ja über die damit erzeugten Waren hereingespielt werden.
Und damit diese Waren den Zins tragen können, muss ihr Angebot kleiner sein als die Nachfrage in Geld.
Wenn nun aber das Angebot kleiner als die Nachfrage ist, fällt die den Zinstribut erpressende Kraft der Nachfrage weg, die GESELL so begründet: ”Wenn nun die Nachfrage die Freiheit, die sie genießt, sich zunutze macht und vom Markt fernbleibt? Dann wirkt der Zwang, dem das Angebot unterliegt, dahin, dass das Angebot die Nachfrage aufsucht, ihr entgegeneilt, sie heranzulocken sucht durch Anbieten eines Vorteil.” [(1911 (5)]
Die Erzwingung der Zinsen setzt nach GESELL eine Nachfrage kleiner als das Angebot,
die Zahlung der Zinsen jedoch eine Nachfrage größer als das Angebot voraus.
Beides aber kann nicht gleichzeitig der Fall sein.


[i] GESELLs Vorstellung vom ”kaufmännischen Austausch der Waren” und der Vormacht des Geldes gegenüber den Waren könnte sehr stark vom sgn. ‚Verlagswesen‘ beeinflußt worden sein, ein ausbeuterisches System, das zum Weberelend und 1844 zum Weberaufstand führte . Die Produkte der noch in den Haushalten angesiedelte Spinnerei und Weberei werden immer mehr über Geld ‚kaufmännisch vermittelt‘, d.h. die Produzenten verkaufen (oder tauschen ) nicht mehr auf regionalen Märkten gegen andere Güter, sondern arbeiten auf Auftrag der Verleger gegen Geld. Siehe dazu: Robert Kurz ‚Schwarzbuch Kapitalismus‘ Eichborn, 1999, S. 22ff
[ii] Richtig muß es heißen: Realvermögen. Denn dieses steht in der Bilanz auf der linken Seite, das Kapital auf der rechten. Das Realvermögen als Kapital zu bezeichnen, entspricht marxistischer Diktion. GESELL selbst an anderer Stelle: ”Am besten geht das aus dem ersten Blatte des Hauptbuches jedes Unternehmens hervor, dort ist das Gründungskapital mit einer Summe Geldes angegeben.”. [1904 (5)]

GESELL - der Kaufmann


Die Auflösung der Widersprüche der Tauschtheorie
Das Unternehmen und der Geldvorschuss

Vom Geldvorschuss spricht GESELL bereits 1904.

Dass mit dem Geldvorschuss Schulden gemacht werden, Schulden in Geld, liest man erstmals 1909 in der ‘Aktiven Währungspolitik’, jener Arbeit, die wohl den Höhepunkt der Abwendung von seiner Grundthese darstellt: ”Es ist die Regel, dass fast alle Unternehmer, ähnlich wie die Kaufleute, mit fremden Geld arbeiten. Sie stecken fast alle bis tief in den Hals in Wechselschulden, Obligationsschulden, Hypothekenschulden usw. - und alle diese Schulden sind Geldschulden[1909 ( 8)]

Mit dieser Verschuldung in Geld kommt dabei nun auch die rechnerische, zählende ‘Genauigkeit’ auf die Welt, wie GESELL beschreibt: ”Hat der Unternehmer für Zins und Tilgung jährlich 10.000 Mk. zu zahlen, so bleibt die Summe gleich, wenn durch Rückgang der Preise der Erlös der Produkte von 100.000 etwa auf 80.000 zurückgeht. Die Gläubiger kümmern sich da nicht um die Warenpreise, sie verlangen ihr Geld zurück auf Heller und Pfennig, den vollen nominellen Betrag.” [1909 (8)]

Geld - und nicht die Ware - ist somit das Primäre, wie GESELL früher schon feststellt: ”Im Anfang war das Geld, und das Geld wurde zu einer Fabrik, und die Fabrik war das Geld.” [1904 (5)]

In der Arbeit aus 1904 spricht GESELL aber nicht nur vom Vorschuss, sondern erstmalig auch vom Unternehmer. ”Das industrielle Kapital, welches der Arbeiter in der Fabrik besetzt, kann man als einen Geldvorschuss des Unternehmers betrachten, der in der Maschinenanlage ein Pfand dieses Vorschusses behält . Am besten geht das aus dem ersten Blatte des Hauptbuches jedes Unternehmens hervor, dort ist das Gründungskapital mit einer Summe Geldes angegeben.”. [1904 (5)]

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Bislang gibt es nur die Haushalte, die gleichzeitig Produzenten und Konsumenten sind. Und diese Haushalte haben alle Voraussetzungen, um Waren produzieren zu können. Sie haben direkten Zugang zu allen für die Produktion notwendige Ressourcen. Tatsächlich aber produzieren die Unternehmer, oder richtiger, die Unternehmen. Diese Unternehmen aber müssen einen Geldvorschuss machen, um auch die Arbeit, welche die Haushalte zu Verfügung stellen, kaufen zu können. Mit dem Geldlohn aber können die Haushalte schon vor Fertigstellung der Erzeugnisse auf bereits fertige Waren zugreifen.

Der Geldvorschuss, der mit der Zeit zu tun hat, bringt eine ganz neue, ganz eigene Wirtschaft und Gesellschaft: hervor: die Erwerbsgesellschaft und die Erwerbswirtschaft. Die Lohnarbeit aber ist so durch die Abhängigkeit der Arbeit von den Lohnvorschüssen der Unternehmer gekennzeichnet – womit eine eigenartige Verbindung zwischen der Gegenwart und der Zukunft, der Vergangenheit und Gegenwart entsteht. Mit den Geldvorschüssen, welche die Unternehmer heute tätigen, um Nachfrage nach Investitionsprodukten und Arbeit – und damit auch nach Konsumprodukten – zu halten, bringen sie ja nicht das heutige, sondern erst das zukünftige Angebot hervor, also das von Morgen. Die Fertigung von Produkten benötigt ja immer Zeit. Andererseits bewirken sie mit diesen Geldvorschüssen die heutige Nachfrage nach den bereits fertigen Investitions- und vor allem Konsumprodukten, die gestern gefertigt wurden. Eine heute gegebenenfalls erhöhte Nachfrage stößt damit aber auf ein Angebot, insbesondere das von Konsumwaren, das schon vorhanden ist, wofür bereits in der Vergangenheit, also gestern, die Entscheidung getroffen wurde. Die höhere Nachfrage stößt also auf ein Angebot, das nicht mehr veränderbar ist.

Heute kann nur die Nachfrage von heute – nicht aber das Angebot von heute –

durch die Höhe der von den Unternehmern heute getätigten Geldvorschüsse beeinflusst werden. Damit beeinflussen sie jedoch das Angebot von morgen.

Somit können die Produkte, die heute am Markt sind, dann zu Preisen verkauft werden, die höher als sind als ihre Kosten, wenn die Unternehmer in Summe heute höhere Geldvorschüsse tätigen, als sie gestern zur Fertigung der Waren eingesetzt haben.

Dieser so selbstverständliche Zusammenhang wird aber auch noch heute kaum beachtet. Und zu seiner Zeit hat ihn auch GESELL nicht genügend beachtet, wiewohl ihm seine kaufmännischen Erfahrung einen wichtigen Zusammenhang sehen lässt: ”Die Waren, die im Tauschhandel oder auf Kreditwegen den Konsumenten erreichen, sind für die Nachfrage nach Geld verloren. Die Preise steigen also, wenn die Kreditverkäufe zunehmen, denn die gegen Geld angebotenen Warenmassen nehmen um den Betrag dieser Kreditverkäufe ab, und Nachfrage und Angebot bestimmen die Preise, d.h. das Verhältnis in dem Geld und Waren ausgetauscht werden.” [1911 (7)]

Und er schließt: ”Braucht man noch weiter nach einer Erklärung der Wirtschaftskrisen zu suchen?”

GESELL spricht hier von Kreditkäufen so, als ob es sich bei den Krediten allein um Konsumkredite handeln würde. Und um pure Gelddruckerei. Damit wird auch verständlich, dass er eine inflatorische Preissteigerung befürchtet und diese auch zu verhindern trachtet. ”Denn wächst auch das Angebot an Darlehen über das gewöhnliche Maß, etwa durch die Emission der Notenbank,......, so steigen sofort die Warenpreise, und das erhöhte Preisniveau verschlingt das ganze Mehr der Darlehen.” [1904 (6)] Oder an anderer Stelle: ”Wie aber ist man dazu gekommen, die Emissionsbanken, die vielfach mit Privatkapital gegründet wurden, zu ermächtigen, Freud und Leid willkürlich zu verteilen? Mit ihren Noten greift die Emissionsbank in die Taschen der Gläubiger und gibt, was sie findet, den Schuldnern.”[1909 (6)] Das jedoch ist bei Inflation der Fall.

Verkaufspreise über den Einkaufspreisen zur Bezahlung der Zinsen

Eine erkenntnisreichere Auslegung muss aber darauf Bezug nehmen, dass GESELL an anderer Stelle eben nicht von steigenden Preisen spricht – also von steigenden Einkaufs- bzw. Verkaufspreisen, sondern davon, dass die Verkaufspreise über den Einkaufspreisen liegen, d.h., -höher sein müssen als die Einkaufspreise, um den Zinstribut überhaupt zahlen zu können. So hält er fest: ”Die Ware wird mit Geld gekauft und, mit Urzins belastet, an den Konsumenten gegen Geld wieder verkauft. Hiernach müsste der Konsument regelmäßig mehr Geld ausgeben als er als Produzent einnimmt.” [1911(21)]

GESELL bemüht sich, auf diese Frage auch die Antwort zu finden. So schreibt er: Dieses Mehr, aus dem Urzins bestehend, verschafft sich der Produzent dadurch, dass er mehr Waren produziert und verkauft, als er kauft. Das Mehr, das so die Produzenten erzeugen, wird von den Geldbesitzern für persönlichen Bedarf gekauft, und zwar gerade mit dem Geld, das sie als Zins erheben.[1911(21)] [i]

Eine so erhöhte Nachfrage ermöglicht folglich erhöhte Preise. Wenn dabei aber eine bestimmte überschüssige Geldmenge immer wieder nur rezikliert, aber nicht ständig erhöht wird, schließt das eine inflationäre Entwicklung aus.

Dieses Argument gibt jedoch keine Antwort auf die Frage, wie die Geldvermehrung stattfindet und eine dynamische Wirtschaft ermöglicht. Es wird nur gezeigt, dass die Geldbesitzer in einer stationären Wirtschaft mit zusätzlichem, aber offensichtlich schon vorhandenem Geld auf das erzeugte Produkt zugreifen und damit durch eine höhere Nachfrage in Geld die Preise hochtreiben. So aber können die Arbeitenden mit ihren Geld-Einkommen nicht mehr ihr volles Produkt erwerben, da die Summe der Preise nun höher ist als die Summe ihrer Einkommen. Es wird ihnen damit also das ‘Recht auf den vollen Arbeitsertrag’ entzogen. Jedoch nicht erklärt werden kann damit das Wachstum der Geldvermögen, die Akkumulation von Geld – und das Wachstum der Wirtschaft. Was in Form der Zinsen wieder an die Geldbesitzer zurückfließt, sind ihre eigenen Ausgaben.

So müssen wir hier eine weitere Unstimmigkeit in gesellst Argumentation feststellen: Plötzlich haben die Geldbesitzer zusätzliches Geld. Geld, das sie vorerst nicht für den Ankauf von Waren verwenden, um den Druck auf das Angebot ausüben und den Tribut erzwingen zu können. Geld, das sie aber dann dafür verwenden, um einen Teil der Waren für ihren Eigenkonsum erwerben zu können.

Solches Tun setzt aber entweder eine gemeinsame, streng eingehaltene Übereinkunft der Geldbesitzer voraus, zuerst immer wieder einen bestimmten Teil ihres Geldbesitzes in Kasse zu halten, um später dann immer wieder gemeinsam ihren Luxuskonsum nachzukommen. Und auch die sachliche Unmöglichkeit der Konkurrenz unter den Geldverleihern. GESELL geht von letzterer aus. Und so postuliert er: ”Es gibt unter den Geldverleiher keine Konkurrenz; sie ist sachlich unmöglich. Stammt das Geld, das die Kapitalisten zu verleihen haben, aus dem Verkehr, so stopfen sie mit der weiteren Verleihung nur die Löcher zu, die sie beim Inkasso des Geldes gegraben haben. .... je mehr Geld angeboten wird, umso größer sind die Löcher.” [1911 (15)]

Dieses Zitat findet sich im Rahmen der GESELLschen Begründung des Urzinses, der nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird. GESELL sagt ja ganz deutlich: ”Der Urzins war kein Darlehenszins; der Tausch des Geldes gegen Ware und der hierbei erhobene Tribut hatte absolut nichts gemein mit einem Darlehen. Der Urzins wurde darum auch nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Der Produzent gab im Tausch für das Geld seine Ware her. Es war ein Tauschgeschäft, und der Urzins wurde dabei erhoben, weil der Geldinhaber den Tausch gestatten und untersagen konnte.....” [1916 (23)]

Das Argument hat also mit Darlehen gar nichts zu tun. Es dient nur zur Aufrechterhaltung von GESELLs Grundthese von der Überlegenheit des Geldes gegenüber den Waren, ”die ständig auf den Markt drängen”. Dazu aber muss Geld an sich knapp sein. Denn durch zusätzliches Geld würden die Preise der Waren bereits beim Einkauf hinaufgetrieben. Um dagegen den Tribut kassieren zu können, muss der Kaufmann die Waren vom Produzenten unter ihrem Wert gegen Geld einkaufen, um sie später dann mit dem Tributaufschlag verkaufen zu können.

Der Kredit als Konkurrent des Geldes

”Das Mehr, das so die Produzenten erzeugen, wird von den Geldbesitzern für persönlichen Bedarf gekauft, und zwar gerade mit dem Geld, das sie als Zins erheben.” [1911(21)]

In Zusammenhang mit der Tausch-Hypothese erscheint dieser Satz – wie oben gezeigt - unstimmig. Geht man jedoch von der Hypothese aus, dass Unternehmer Geldvorschüsse tätigen, erscheint er in neuem Licht. Wir haben dort schon festgehalten, dass die Produkte, die heute am Markt sind, dann zu Preisen verkauft werden können, die höher als sind als ihre Kosten, wenn die Unternehmer in Summe heute höhere Geldvorschüsse tätigen, als sie gestern zur Fertigung der Waren eingesetzt haben.

So stellt sich hier die Frage, ob sie das auch können. Können sie überhaupt mehr Geld ausgeben, als sie alle zusammen derzeit haben?

Nun weist GESELL immer wieder auf den Kredit hin, wobei dieser bei ihm ein Tauschmittel zusätzlich zu Geld ist, ein Tauschmittel, das in Konkurrenz zum Geld steht.

Zu klären ist somit, was er unter ‘Kredit’ versteht?

GESELL erwähnt 1897 den Kredit mit folgendem Beispiel: ”Eine dieser Einrichtungen, welche es gestatten, die Waaren ohne Benutzung des Geldes an den Mann zu bringen, bilden die Creditgeschäfte. A in Königsberg sendet eine Ladung Butter an B in Köln und dieser bezahlt die Rechnung mit einer Ladung Wein. Kein Pfennig ist zu dieser Operation nöthig gewesen und der Bedarf an Geld hat in der Folge dieser Operation um die Ladung Butter und Wein abgenommen.

Dieser Einfluss der Creditgeschäfte bleibt auch derselbe, wenn die Ladung Butter und Wein in Geld umgerechnet, und dieses Geld durch Wechsel, Checks etc. vertreten wird.” [1897 (4)]

Während er hier dann weiter den Tauschhandel und den Wechsel sowie die Stundung als Konkurrenten des Geldes nennt, taucht dann in der Arbeit aus 1911 der Kredit wiederum als solcher auf: ”Der gewaltige Einfluß, den die Kreditgeschäfte auf die Nachfrage nach Geld ausüben, zwingt uns, diese hier schon etwas näher zu betrachten. ....” [1911(3)] Und auch obiges Beispiel findet sich hier - so wie auch später immer wieder mit etwas geänderter Wortwahl: ”Wenn A in Königsberg an B in Aachen ........ Hätte B keinen Kredit bei A oder A keinen Kredit bei B, so würde die Butter nur gegen Aushändigung von Bar-Geld ausgeliefert werden. [1911 (3)] Aber er kommt dort nicht auf den Kredit zu sprechen, wo er von den Konkurrenten des Geldes spricht: ”Die einzigen Wettbewerber des Geldes sind die ... drei Faktoren: die Urproduktion, der Tauschhandel und der Wechsel .....” [1911 (16)] Lediglich in einer dort dargestellten Skizze wird der Kredit neben dem Wechsel erwähnt.

Jedenfalls scheint GESELL, wie aus [1911 (5)] (”Die Preise steigen also, wenn die Kreditverkäufe zunehmen.....”) hervorgeht, unter Kredit – so wie unter einem Wechsel - etwas zu verstehen, das zusätzlich zum Geld Nachfrage halten kann.

Und zum Thema ‘Wechsel’ heißt es: ”Bei der Geldverleihung wird nur der Besitzer des Geldes gewechselt, ohne dass dadurch irgend etwas am Geld geändert wird..... Beim Wechsel .... dagegen findet kein solcher wesenloser Personenwechsel statt, sondern es wird dem Geld eine wirksame Konkurrenz dadurch eröffnet, dass den Waren andere Wege für den Austausch geöffnet werden.” [1911(17)]

GESELL scheint demnach zwischen ‘Darlehen’ und ‘Kredit’ irgendwie – und wieder auch nicht, wie sich noch zeigen wird - zu unterscheiden. Bei einem Darlehen wird bereits vorhandenes Geld verliehen, während der Kredit ein Konkurrent des Geldes ist.


[I] Karl Marx, Das Kapital II, Dietz 1953, S. 330 ff )

„Die Frage ist nicht: Wo kommt der Mehrwert her? Sondern: Wo kommt das Geld her, um den Mehrwert zu versilbern? [...] Das in Form von Geldkapital vorgeschoßne zirkulierende Kapital von 500 Pfd. St. [...] sei das zirkulierende Gesamtkapital der Gesellschaft. Der Mehrwert sei 100 Pfd St. Wie kann nun die die ganze Kapitalistenklasse beständig 600 Pfd. St. aus der Zirkulation herausziehn, wenn sie beständig nur 500 Pfd. St. hineinwirft?“ (S. 330/331)

Marxens Antwort

„In der Tat, so paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapitalistenklasse selbst wirft das Geld in Zirkulation, das zur Realisierung des in den Waren steckenden Mehrwertes dient. Aber nota bene: sie wirft es hinein nicht als vorgeschoßnes Geld, also nicht als Kapital. Sie verausgabt es als Kaufmittel für ihre individuellen Konsumtion.“ (S. 335)

begründet aber nur das, was er ‘einfache Reproduktion’ nennt, nicht aber die ‘Akkumulation’ oder ‘erweiterte Reproduktion’.

[ii] Siehe dazu Hans Ch. Binswanger, Geld & Natur, Weitbrecht, Seite 163ff

GESELL - der Kredittheoretiker


Geld durch Diskontierung von Wechseln

Geld entsteht aus dem Kredit


Was GESELL unter ‘Kredit’ nun wirklich versteht, wird erst einigermaßen aus der konjunkturpolitischen Betrachtung aus dem Jahre 1909 ”Aktive Währungspolitik” deutlich, die er zusammen mit ERNST FRANKFURTH anstellt: ”Und es muss dies um so mehr hervorgehoben werden, als die Entwicklung des Scheck- und Wechselwesens vielfach die Meinung hat aufkommen lassen, das Geld spiele heute nur mehr eine untergeordnete Rolle. ...... Die Wechsel und Schecks haben zwar einen Teil des Bargeldes ersetzt, aber ist damit die volkswirtschaftliche Bedeutung des Geldes nicht noch gewachsen? Gründet ... das gesamte Kreditwesen sich nicht auf Bargeld, lauten nicht die Schuldscheine aller Art auf Geld, und stürzt nicht das ganze Gebäude an Wechseln, Pfandbriefen, Staatsschulden, Obligationen usw. in sich zusammen, wenn man ihm das Bargeld, seine Unterlage, entzieht? Das Kreditwesen hat also die Bedeutung des Geldes nicht vermindert, sondern im Gegenteil außerordentlich erweitert.” [1909 (1)]

Wechsel, Schecks, Schuldscheine, Staatsschulden, Obligationen: Das alles bildet also das gesamte Kreditwesen. Wir wollen dies vorerst einmal zur Kenntnis nehmen.

Das Denken von GESELL ist von den damals nicht nur in Deutschland aufgekommenen Emissionsbanken, die Kredite vergeben, geprägt. Und er steht ihnen kritisch gegenüber: ”Wäre nämlich hoher Zins Beweis eines Geldmangels und wäre es möglich, mit Hilfe einer Vermehrung des Geldumlaufes einem weiteren Steigen des Zinsfußes vorzubeugen, so müsste doch vermehrter Geldumlauf mit fallendem Zinsfuß und verminderter Geldumlauf mit einem steigenden Zinsfuß der Regel nach zusammenfallen. Das Gegenteil ist aber der Fall. ......... Als Law in Frankreich die Kaufleute mit Papiergeld zu sättigen versuchte, stieg der Zinsfuß, als die große Revolution den heute noch immer auftauchenden und unausrottbaren Wahngedanken zur Tat werden ließ und den ‘Grund und Boden’ in Assignatenform ‘ausmünzte’, stieg der Zinsfuß, ......

Und Umgekehrt. .........

Je mehr Geld die Emissionsbanken und Goldminen ausgeben, desto größer wird die Nachfrage nach käuflichen Dingen, desto größer wird auch die Differenz zwischen Einstandspreis und Erlös, desto mehr wecken sie die spekulative Kauflust, und desto mehr werden die Banken um Geld bestürmt werden. Man kauft für 100 mit der Aussicht, das Gekaufte vor Verfall des Wechsels über 100 zu verkaufen. Und da das Gewinnbedürfnis keine Grenzen kennt und die Vergrößerung der Umsätze nur den Gewinn vergrößern mag, sucht jeder seine Umsätze zu vermehren, bis er irgendwo an eine Grenze stößt, und das ist einfach die Grenze seines Kredites.

Die Emissionsbank kann also den Geldhunger nur reizen und wecken, niemals kann sie ihn stillen.”

Mit einem Kredit kommt also zusätzliches Geld in den Umlauf. Deshalb aber richtet sich GESELLs Kritik gegen diese Emissionsbanken, weil sie seiner Meinung damit zuviel Geld in den Umlauf bringen und damit die Aufrechterhaltung eines stabilen Preisniveaus stören: ”Das Geld soll die Schwierigkeiten umgehen, auf die Hinz und Kunz stoßen, wenn sie ihre Produkte gegenseitig austauschen wollen. Mehr nicht. Alle anderen Verwendungen des Geldes sind Anhängsel, Missbräuche, Schmarotzer, und müssten eigentlich unterdrückt (werden).......

Die glatte, ungestörte Abwicklung des Tausches verlangt von der Geldverwaltung, dass das Geldangebot regelmäßig, zu allen Zeiten und allen Umständen so bemessen sei, dass Hausse- und Baisseperioden vermieden werden. Das Geld soll währen, d.h. für eine Mark soll über Zeit und Ort hinweg an Waren soviel erhalten, wie er selbst an Waren dafür gegeben hat. Weder mehr noch weniger. Denn das ist der Sinn des Wortes ‘Währung’. Die Preise der Waren sollen, wenn nicht untereinander, so doch im Durchschnitt, dem Gelde gegenüber fest bleiben. Nur so kann sich der Handel gesund entwickeln, nur so können Absatzstörungen und Arbeitslosigkeit vermieden werden. [1909 (5)]

Verschiedene Textstellen zeigen, dass GESELL und FRANKFURTH Kenntnis von den merkantilistischen Geldexperimenten des JOHN LAW hatten. [1909 (4)] [1911 (1)] Wenn deshalb die beiden Autoren von ‘Kredit’ reden, dann haben sie dabei offensichtlich auch das merkantilistischen Experiment in Frankreich im Blick, das sich später dann als ‘Banking-Theorie’ weltweit durchsetzte[i]. Nämlich nicht das Verleihen von bereits vorhandenem Geld, sondern das Schöpfen von Kredit - und damit von Geld.

Gleichwohl sind nun auch in dieser Schrift GESELL und sein Mitautor ganz deutlich bemüht, die Tauschmittel-Hypothese des Geldes aufrecht zu erhalten: ”Aber bei dieser Auffassung wird vergessen, dass die Ware das primäre, das Tauschmittel das sekundäre ist. Am Anfang war die Arbeitsteilung, diese zeugte die Ware, die Ware aber zeugte den Bedarf an Geld, an Tauschmitteln.” [1909 (3)] Trotzdem aber verwerfen sie in ihren Vorschlägen dieses In-Umlauf-bringen von Geld über den Ankauf von Wechsel und Obligationen nicht grundsätzlich, sondern wenden sich nur gegen die vermeintliche Willkür der Emissionsbanken bei diesem Tun. Mit ihren Vorschläge zur Gestaltung einer ”aktive(n) Währungspolitik” kippen sie also die Tauschmittel-Theorie dann doch über Bord.

GESELL und FRANKFURTH beschreiben im Detail, wie sie das ‘Tauschmittel’ Geld in Umlauf bringen. Auch hier geschieht es durch den Ankauf von Wechseln und Obligationen, allerdings streng beschränkt auf das Geldamt:

Um Geld auszugeben und Geld einzuziehen, kann das Reichsgeldamt auf sehr verschiedenen Weisen verfahren.

1. Das Geldamt kauft bei beobachteter Baisse Wechsel und bezahlt die Wechsel mit neuen Banknoten. .... Steigen die Preise über den normalen Stand, so verfährt das Geldamt umgekehrt; indem es keine Wechsel mehr verkauft; die vorher gekauften bei Verfall einkassiert und das so eingehende Geld verbrennt......

Es kann aber vorkommen, dass nicht genügend Wechsel zum Diskont angeboten werden. ... In unruhigen Zeiten riskieren Bürger nicht gerne Kapital; sie ziehen sich möglichst vom Markte zurück und brauchen dann keinen Wechsel diskontieren. ... In solchen Fällen, die regelmäßig von einem scharfen Rückgang der Preise begleitet sind, würde es dem Geldamt unmöglich werden, die Wechsel in der nötigen Menge aufzutreiben, um den Preisrückgang aufzuhalten..... Darum lautet die zweite währungstechnische Forderung:

2. Das Reichsgeldamt wird befugt, für währungstechnische Zwecke Titel der Reichsanleihen in der Summe nach unbeschränkter und nur durch den Zweck begrenzter Menge auszugeben, und umgekehrt Titel der Reichsanleihen zu kaufen. [1909 (11)]

Geld kommt somit über Kredite an Private und den Staat, die durch Wechsel oder Staatsschuldscheine besichert werden, in Umlauf. Auch bei GESELL, der hier das einzige Mal in seinen ganzen Arbeiten, dieses ‘Wie in den Umlauf-Bringen’ konkret beschreibt. Auch und gerade in seinem Hauptwerk, der ‚Natürlichen Wirtschaftsordnung‘ ist hierüber nichts zu finden.

Die Tauschmittel-Vorstellung beherrscht aber auch in der ”aktiven Währungspolitik” GESELLs Gedankenwelt sehr rasch wieder. Ihr entspringt der 3. Vorschlag zur Regulierung der Geldmenge:

3. Das Reichsgeldamt ist berechtigt, durch Steuerzuschläge und Steuererlass die für die Aufrechterhaltung der Währung nötigen Geldmassen einzuziehen oder auszugeben” [1909 (11]

Wenn nämlich die Hinterlegung von Forderungen, also von Vermögenstiteln, die Voraussetzung für das In-Umlauf-Bringen von Geld nach Punkt 1 und 2 ist, dann widerspricht dem Punkt 3. Während in den Bilanzen der Emissionsbanken dem ausgegebenen Bargeld auf der Passivseite in den beiden ersten Fällen dann Forderungen – also Vermögenswerte - auf der Aktivseite gegenüberstehen, gibt es solches bei Punkt 3 nicht. Dort wird ja ganz locker Geld einfach ausgegeben oder eingezogen.

Nach den Vorschlägen 1 und 2 kommt Geld somit nicht als Tauschmittel auf die Welt. Es wird danach höchsten Geld gegen eine Forderung auf Geld, eine Verschuldung in Geld, getauscht. Damit aber ist Geld gerade nicht Tauschmittel, sondern Tauschgegenstand.

Konjunkturpolitische Betrachtungen in der NWO

Erst nach den Einsichten, die GESELL in der ‚Aktiven Währungspolitik‘ bietet, werden jene Ausführungen verständlicher, die er später in der ‚Natürlichen Wirtschaftsordnung‘ macht und damit eine neue Theorie begründet, aber selbst nicht wahrnimmt. Oder nicht akzeptiert.

Wie er dort immer wieder betont, ist der Wechsel Konkurrent des Geldes und damit gleichfalls Zahlungsmittel. Die Umwandlung in Geld durch Rediskontierung von Wechseln –also durch einen Kredit - wird deshalb nur dann notwendig, wenn der Wechsel selbst nicht mehr als Zahlungsmittel anwendbar ist. Etwa wegen seiner Stückelbarkeit und Akzeptanz bei Lohnzahlungen. Jedenfalls aber muss vor dem Kredit schon der Wechsel hervorgebracht werden, muss schon etwas da sein, das belehnbar ist.

Und es sind die Unternehmen untereinander, die den Wechsel hervorbringen können. Damit aber zeigt sich, dass die Nachfrage nicht von außen durch die Emissionsbank gesteuert werden kann, sondern dass die Nachfrage autonom ist und wesentlich von den Zukunftserwartungen abhängt: ”Es genügt dazu, dass nach allgemeiner Ansicht die Preise fallen werden, um die Nachfrage stutzig zu machen - und um dadurch das, was man erwartet oder befürchtet, wirklich eintreten zu lassen.... Die Kreditverkäufe nehmen ab, wenn die Preise fallen, wenn der Verkaufspreis unter dem Einkaufspreis steht .... Die Sicherheit des Kaufmanns steigt und fällt mit den Preisen seiner Waren, und darum steigen und fallen auch die Kreditverkäufe mit dem Steigen und Fallen der Warenpreise.

So bekannt die Sache ist, so wenig Absonderliches hat man darin gefunden......” [1911 (7)]

Die Nachfrage wird heute stutzig, geht also zurück, wenn morgen fallende Preise erwartet werden. So GESELL.

Wiewohl er also erkennt, dass die Nachfrage sich in einem selbstreflektiven Auf und Ab bewegt, scheint sich GESELL dennoch nicht der vollen Tragweite bewusst zu sein. Dass nämlich die gegenwärtige Nachfrage so sehr von den zukünftigen Erwartungen beeinflusst wird. Denn einen Wechsel stellt ja niemand aus, um damit Tauschmittel zu schaffen, sondern weil er eine Investition, etwa auch eine Lagerinvestition, tätigen will. Das Tauschen von Geld gegen ein Investitionsgut ist ja nur die Oberflächenerscheinung, hinter der sich jedoch ein Verschuldungsvorgang verbirgt. Ob die Schulden allerdings getilgt werden können, liegt in der ungewissen Zukunft. Und eben davon hängt ab, ob investiert wird und ein Wechsel überhaupt ausgestellt wird, der dann fallweise gegen Geld diskontiert werden kann. Es kann aber vorkommen, dass nicht genügend Wechsel zum Diskont angeboten werden. ... In unruhigen Zeiten riskieren Bürger nicht gerne Kapital; sie ziehen sich möglichst vom Markte zurück und brauchen dann keinen Wechsel diskontieren.” [1909 (11)] erkennt GESELL selbst.

Und erst mit obiger Voraussetzung wird die volle Bedeutung dessen klar, wenn er meint: Welcher Kaufmann, Spekulant, Unternehmer wird zum sich Bankier und zur Sparkasse begeben, dort einen Wechsel diskontieren, sich zur Zahlung von Zins verpflichten, wenn er befürchtet, dass das, was er zu kaufen gedenkt, im Preise sinkt, so dass er nicht einmal die Auslagen wiederzuerhalten hoffen kann.” [1916 (6)]

Geld entsteht also erst durch die Rediskontierung von Wechseln. Und es verschwindet wieder durch deren Einlösung durch den Verpflichteten. Damit zeigt GESELL aber auch, dass unter diesen Umständen eine Umlaufsicherung des vorhandenen Geldes allein nicht zur Aufrechterhaltung der Konjunktur genügt, da das in Umlauf gebrachte Geld keine Konstante ist. Von der Emissionsbank gegen Geld angekaufte Wechsel werden ja am Ende ihrer Laufzeit nicht zwingend durch neue ersetzt. Dann aber wird dieses Geld nicht gehortet, sondern fließt zur Emissionsbank zurück, wo es vernichtet wird - ‘verbrannt’, wie GESELL sagt. ”In Nordamerika geschieht die Notenausgabe so: Die Banken deponieren Titel der Staatsschulden im Schatzamt und können nun bis zu 90% des Betrages dieser Titel Noten ausgeben. ....Bei einer Krise ..... finden die Unternehmer keine Gelegenheit, das Geld nutzbringend anzulegen und bringen es zur Bank zurück. Diese löst damit die deponierten Titel ein, um wenigstens den Zins dieser Titel zu genießen. So geschieht es, dass gerade bei einer Krise, wenn der Geldumlauf so nötig wäre, der Markt vom Gelde entblößt wird. ” [1909 (9)]

Was hier am Beispiel der Staatsschulden dargestellt wird, gilt natürlich auch für Privatschulden, für Wechsel. Keine Geschäftsbank zahlt Zinsen für einen Wechselkredit der Notenbank, wenn sie übermäßige Barreserven in der Kasse liegen hat. Und kein Unternehmer hortet Bargeld, solange er einen verzinslichen Wechselkredit zu bedienen hat. Der Wechsel wird zurückgekauft und damit die Zinszahlung erspart. Unternehmer und Banken werden daher kaum Geld horten, das aus Krediten kommt, für die sie Zinsen zahlen müssen. Wenn solches geschieht, dann allein bei den Lohnempfängern, die ihr Geldeinkommen zinsfrei erhalten. Die Zinsen hierfür zahlt ja der Unternehmer bzw. der Staat.

Damit Geld somit vorhanden ist, braucht es Verschuldung. Schulden aber bedingen eine Verknüpfung der Gegenwart mit der Zukunft. Das aber bringt den großen Unsicherheitsfaktor hervor. Dieser Zusammenhang scheint aber GESELL aufgrund seiner Fixierung auf den Tausch, der vollkommen zeitgleich, also alles in der Gegenwart stattfindet und daher zeitlos ist, verborgen zu bleiben. Wiewohl er diese Unsicherheit irgendwie schon erahnt und deshalb für sein Geldamt die Möglichkeit fordert, Reichsanleihen für den Fall, dass nicht genügend Wechsel angeboten werden, kaufen zu können,.

Die Emissionsbank, der Wechsel, der Kredit und das Geld

Indem die Emissionsbank einen Wechsel aufkauft, wird Geld auf dem Kreditweg in Umlauf gebracht. Sie kauft eine Forderung gegen ein Unternehmen auf, die auf Geld lautet - also einen Vermögenswert - und ersetzt ihn durch eine Forderung gegen sich selbst. So schöpft sie Geld, indem sie eine Forderung gegen eine allgemein akzeptierte, d.h. wesentlich glaubwürdigere Forderung ersetzt. Sie vergibt somit Glaubwürdigkeit – Kredit.

Das aber heißt, dass der Kredit nicht auf Geld, sondern Geld auf dem Kredit gründet. Erst durch den Kredit bekommt es Glaubwürdigkeit. Wiewohl GESELL es so nicht sehen will, wenn er sagt: ”Gründet der Wechsel, der Scheck, das gesamte Kreditwesen, sich nicht auf Bargeld, lauten nicht die Schuldscheine aller Art auf Geld, und stürzt nicht das ganze Gebäude an Wechseln, Pfandbriefen, Staatsschulden, Obligationen usw. in sich zusammen, wenn man ihm das Bargeld, seine Unterlage, entzieht?”, den Kredit also auf dem Geld gründet, so meint er doch am Schluss: ”Das Kreditwesen hat also die Bedeutung des Geldes nicht vermindert, sondern im Gegenteil außerordentlich erweitert.” [1909 (1)]

Der Kredit erweitert die Bedeutung des Geldwesens. Denn der Kredit ist etwas ganz anderes als ein Darlehen, wo ‚nur‘ bereits vorhandenes Geld verliehen wird. GESELL bestreitet nicht, dass es diesen gibt. Aber er erregt seine Kritik. Sein vehementer Angriff auf die Emissionsbanken und deren willkürliche Kreditvergabe gründet auf der Befürchtung, dass diese damit willkürlich Geld hervorbringen oder einziehen. Damit stören sie die Erhaltung von stabilen Preisen bzw. eines stabilen Preisniveaus, sind also für das Auf und Ab der Konjunktur verantwortlich: ”Denn wächst auch das Angebot an Darlehen[ii] über das gewöhnliche Maß, etwa durch die Emission der Notenbank...., so steigen sofort die Warenpreise, und das erhöhte Preisniveau verschlingt das ganze Mehr der Darlehen.” [1904 (6)]

Darum will er die Kreditvergabe und damit die Geldkontrolle allein dem Geldamt zusprechen. Dieses hätte dann dafür zu sorgen, dass das Preisniveau stabil bleibt. Dabei denkt er vollkommen zeitlos: Geld ist nur Tauschmittel, das (jetzt) im richtigen Verhältnis zur Warenmenge vorhanden sein muss, damit das Preisniveau (jetzt) gleich hoch bleibt wie ehedem. Ansonst hat es keinen Einfluss. Vor allem keinen auf die zukünftige Entwicklung. Dieses ”Tauschgeschäft lässt nichts zurück, das Geschäft ist restlos erledigt.” [1916 (23)]

Wiederum kommt hier die Tauschhypothese GESELL in die Quere. Er schreibt zwar immer wieder von den Geldvorschüssen, welche die Unternehmer zu leisten hätten, dennoch berücksichtigt er nicht, dass die Waren zuerst produziert werden müssen, ehe sie getauscht werden können. Und so sieht er auch nicht, dass mit dem Ankauf eines Wechsels nicht einfach willkürlich Geld zum Tauschen in Umlauf kommt. Mit der Wechseldiskontierung wird ja eine Rückzahlungsverpflichtung eingegangen. ”Das Darlehensgeschäft[iii] hinterlässt Gläubiger und Schuldner ”[1916 (23)] Ein diskontierter Wechsel kann aber nur dann in Zukunft wieder eingelöst werden, wenn der dafür gewährte Kredit produktiv eingesetzt, also investiert wird.

Investieren aber heißt, die vorhandene Produktion zu erweitern, heißt noch nicht genutzte Ressourcen in die Produktion miteinzubeziehen. Wenn die Kredite solcherart verwendet werden und so auch die Menschen auf das bereits vorhandene Produkt zugreifen können, die bislang noch nicht in den Erwerbsprozess eingegliedert sind und noch kein Geldeinkommen beziehen, dann wird ja auch in weiterer Folge das Produkt wachsen.

Damit aber steht der Kredit für eine Ausdehnung der Erwerbswirtschaft – und gerade nicht für eine stationäre Versorgungswirtschaft. Der Kredit bringt eine außergewöhnliche Dynamik in die wirtschaftliche Entwicklung hinein, die zum Wachstum der (Erwerbs-)Wirtschaft führt. Der Kredit erleichtert oder ermöglicht erst (Netto-) Investitionen. Und er stimuliert zu solchen, weil er über ein steigendes volkswirtschaftliches Gesamteinkommen die Gewinnsituation der Unternehmen gerade zu jenem Zeitpunkt verbessert, wo sie investieren müssen.

Diese Dynamik jedoch schreibt nicht das bereits Bekannte fort, sondern führt meist ins Unbekannte - und damit ins Risiko. Dieses aber wirkt immer wieder auf die Gegenwart zurück und dämpft gegebenenfalls die Investitionslust – und damit auch die gesamtvolkswirtschaftliche Gewinnsituation.

Die zukünftigen Erwartungen und die Geldmenge

Die gegenwärtige Nachfrage hängt somit von den Erwartungen über die Nachfrage in der Zukunft ab. Denn diese bestimmt die Höhe der Kredite für Investitionen in der Gegenwart - und damit die umlaufende Geldmenge. Die Nachfrage in der Zukunft hängt aber wiederum ab von den Erwartungen über die Nachfrage in der Nachzukunft. Und da Investieren immer ein Disponieren mit bereits vorhandenem Vermögen bedeutet, wird eine Investition immer nur dann erfolgen, wenn sie nicht mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vermögensmindernd ist. Sie muss also gewinnversprechend, d.h. vermögensmehrend sein. Nur dann werden Wechsel ausgestellt und können diese kreditiert werden.

Diese Vermögensvermehrung aber bedingt, dass die Verkaufspreise immer wieder über den Einkaufspreisen – den Kosten – liegen, wie GESELL selbst betont. Dies aber nicht nur deshalb, weil für Kredite Zinsen zu zahlen sind. Neben den Zinsen sind ja in Zukunft auch die Schulden auf Heller und Pfennig zurückzuzahlen. Um bei einer ungewissen Zukunft dies aber tun zu können, muss der vorsichtige Kaufmann von vorneherein eine Sicherheitsreserve einkalkulieren. Gesamtvolkswirtschaftlich muss somit der Saldo aus den Verkaufspreisen minus den Einkaufspreisen ausreichend positiv sein, um für möglichst viele Unternehmen eine optimistische Stimmung in der Gegenwart zu erzeugen, aus der heraus sie die Zukunftsaussichten antizipieren.

Die angestrebte Vermögensvermehrung ist somit nicht nur eine Frage der Gewinnsucht, sondern auch eine der Sicherheit. Die zukünftigen Erwartungen müssen asymmetrisch zu Gunsten eines Überschusses ausfallen.

Das aber setzt voraus, dass die Gesamtnachfrage der Zukunft stets höher ist als die Gesamtnachfrage der Gegenwart. Dass dies möglich ist, bestätigt GESELL, wenn er davon spricht, dass das Geld Konkurrenten hat, die autonom von der Wirtschaft hervorgebracht werden. Was er allerdings als Konkurrenten sieht, also Wechsel, Schuldscheine usw. sind nicht solche, sondern die Fundamente des Geldes, die über den Geld-Überbau hinausreichen - und zwar unterschiedlich weit hinausreichen, je nach konjunkturellen Erwartung. So schafft sich gewissermaßen die Wirtschaft selbst ihre monetäre Nachfrage. GESELL hat das früher erspürt als so manche andere, denen noch heute dieser Spürsinn fehlt.

”Und ist schon der Profit selbstverständliche Voraussetzung der Nachfrage, so ist der Fall erst recht ausgeschlossen, dass sich die Nachfrage auf dem Markte einstellt, wenn ihr dort direkte Verluste drohen. Das Angebot stellt sich ein ohne Rücksicht auf Gewinn oder Verlust; die Nachfrage zieht sich bei schlechten Aussichten zurück in ihre Festung, das ist die Unverwüstlichkeit, und wartet dort die Zeit ab, wo die Verhältnisse für einen Ausfall günstiger sind.” [1911 (6)]

Zu ergänzen ist hier lediglich, dass die Nachfrage zu jeder Zeit von der Höhe der Investitionen abhängt, wenngleich nicht unbedingt dieser entspricht. Die Nachfrage kann aber langfristig nicht größer sein als die Gesamtinvestition, bestehend aus Ersatz- plus Nettoinvestition. So sollte es darum genauer heißen: Und ist schon der Profit selbstverständliche Voraussetzung der Investition, so ist der Fall erst recht ausgeschlossen, dass sich die Investition auf dem Markte einstellt, wenn ihr dort direkte Verluste drohen. Das Angebot stellt sich ein ohne Rücksicht auf Gewinn oder Verlust; die Investition und damit die Nachfrage zieht sich bei schlechten Aussichten zurück in ihre Festung .... und wartet dort die Zeit ab, wo die Verhältnisse für einen Ausfall günstiger sind.

Wenn nun aber die Gesamtinvestition immer wieder aus Ersatz- plus Nettoinvestition besteht, dann muss die Gesamtinvestition von mal zu mal höher werden. Denn die Ersatzinvestition der Periode n muss der Ersatz- plus Nettoinvestition der Periode (n-1) entsprechen.

Nun können aber die erhöhten Gesamtinvestitionen bei konstanten oder gar sinkenden Stückpreisen nur bei einer Steigerung der verkauften Stückzahl hereingebracht werden. Sollen solche Stückpreise durch den Wettbewerb erzielt werden, dann ist für einen möglichst produktiven Einsatz der Investitionskredite zu sorgen.

Die von GESELL eingeforderte Steuerung der Geldmenge durch die Emissionsbank hat deshalb mit Blick auf die Gegenwart und Zukunft zu erfolgen. Es genügt nicht, die Geldmenge mit Blick auf das gegenwärtige Preisniveau zu begrenzen. Es muss auch darauf Bedacht genommen werden, wofür die Kredite eingesetzt werden. Die Steuerung der Kredite über die Kreditzinsen ist somit eines der Instrumente der Emissionsbank, die Geldmenge und damit die Inflation zu kontrollieren, ebenso wie deren produktivsten Einsatz.

Die Problematik besteht nun nicht darin, dass diese Zinsen gewissermaßen als Steuerungsabgabe überhaupt zu zahlen sind. Sie besteht vielmehr darin, dass sie nicht nur der staatlichen Emissionsbank zufließen, die sie wieder an den Staat abführt, sondern auch den Privaten.



[i] Siehe dazu Hans Ch. Binswanger, Geld & Natur, Weitbrecht, Seite 163ff

[ii] Hier verwendet GESELL wieder das Wort ‚Darlehen‘ statt ‚Kredit‘

[iii] Wie Anm. 2